Rezension
von Helga Helnwein, Chefredakteurin der Literaturzeitschrift "Literarische Kostproben"
des Vereins der Schriftstellerinnen und Künstlerinnen, Wien
Die bezaubernden Märchen werden von dem sogenannten
Märchenhüter wenn nötig repariert und mit seiner Dichtung ergänzt.
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REZENSION
von Frau Dr. Dr. Christine
Michelfeit
Präsidentin der Gesellschaft der Lyrikfreunde, Innsbruck
Und so zieht der Märchenhüter mit seinen kleinen Lesern
durch eine abwechslungsreiche Wunderwelt, die sie zum Teil aus Angelika Paulys
früheren Büchern schon kennen. Und wieder ist es der kleine Wurzelzwerg, der so
manche bedrohliche Situation rettet, krank gewordenen Tieren hilft oder den
zerbrochenen Weihnachtsengel zusammenleimt. Emilia spielt noch immer in ihrem Sandkasten und wundert sich, dass
sie auf einmal die Sprache der Tiere verstehen kann und auch mit den
Wichtemännern Karlchen, Paul und Seppl gibt es ein Wiedersehen. Zu ihnen
gesellen sich viele neue Figuren, wie das Angstmännchen,
das dem kleinen Julian die Angst vor der Schule nimmt oder das Uhrenmännchen, das aufpasst, dass die
Zeit richtig vergeht. Mit der Zeit ist
es überhaupt so eine Sache, sie spielt zwar in Märchen im Allgemeinen keine
Rolle, weil Märchen zeitlos sind, aber Angelika Paulys Märchen machen da eine
Ausnahme, sie gehören zwar oft der Gegenwart an, verzaubern diese doch wieder
in ein Märchen. So erging es auch dem
Gesternkind, das immer zu spät kam, dann sogar einen ganzen Tag verschlief und von da an im
Gestern lebte, bis auch ihm ein Männchen, diesmal das Zeitmännchen half und es
in die Gegenwart zurückführte. Und so wie der kleinen Julie ein Tag entgangen
war, erging es anderen Kindern, denen wiederum eine Zahl verloren ging. Auf
einmal war die Fünf in der
Mathematikstunde verschwunden, aber nicht nur in der Mathematikstunde, sie
verschwand auch aus den Geschäften und aus dem Leben der Menschen, bis ein
kleiner Junge sie im Sand wiederfand. So konnte die alte Ordnung
wiederhergestellt werden und alles lief weiter wie vorher.
Angelika Paulys Märchen und Geschichten sind so originell
und phantasiereich, dass man auch als erwachsener Leser das Buch nicht aus der
Hand gibt, bevor man es zu Ende gelesen hat. Und manchmal spürt man, ganz
heimlich und zwischen den Zeilen, auch ein wenig Kritik an unserer Gegenwart.
Aber genaueres darüber weiß nur er, unser Freund, der Märchenhüter.
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